Pfarrerin Spies: Predigt zum Heilig Abend 2021 (Text)

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus.

Liebe Gemeinde,

ist bei Ihnen die letzten Wochen weihnachtliche Stimmung aufgekommen? Fanden Sie die Adventszeit dieses Jahr ruhiger und gemütlicher? Konnten Sie zur Ruhe kommen? Oder fehlte Ihnen was? Keine Christkindlmärkte, keine Weihnachtsfeiern…. Da fällts vielen schon schwer, dass sich ein weihnachtliches Gefühl breit macht.

Irgendwie haben wir uns das doch alles anders vorgestellt. Letztes Jahr hab ich fest damit gerechnet, dass dieses Weihnachten alles wieder halbwegs normal sein wird. Ganz anders vorgestellt haben sich wohl auch Maria und Josef ihre Reise nach Bethlehem, die Geburt ihres Kindes und die Zeit danach.

Aber ihre Geschichte ist eben keine fertige Geschichte mit Happy-Anfang und Happy-End. Die Weihnachtsgeschichte ist eine Hoffnungs-Geschichte, die bis heute andauert. Sie beginnt mit Maria, die „in guter Hoffnung“ ist und all die Ängste, Nöte und Hoffnungen der Menschen damals ausspricht. Die Engel, sie erscheinen den hoffnungslosesten Gestalten, den Hirten, und singen ihnen das ultimative Hoffnungslied: „Frieden auf Erden!“, denn „Euch ist heute der Heiland geboren“ Das ganze Leben Jesu ist begleitet von der Sehnsucht und der Hoffnung so vieler Menschen.

Jesus kommt unter widrichsten Bedingungen zur Welt. In einer dunklen Zeit, in einer Zeit, wo viele die Hoffnung auf Veränderung schon aufgegeben haben.

Gott kommt gerade in das Dunkel dieser Welt. Diese alte vertraute Geschichte haben wir heute bei der Lesung des Lukasevangeliums gehört. Gott geht in Christus ein ins Dunkel der Welt. Er kommt nicht im Königspalast in Jerusalem zur Welt, und auch nicht im Tempel. Nicht bei den Mächtigen oder bei den Würdenträgern. Sondern abseits allen Glanzes, draußen vor den Toren von Bethlehem, in einem Stall. Die Zeugen dieses Geschehens sind nicht die großen Leute im Land, sondern ganz einfache Menschen, solche, die gesellschaftlich wenig gelten und noch weniger zu sagen haben. Gott kommt zu uns, damit es hell werde. Damit die, die im Dunkeln sind, Hoffnung haben.

Der ganze Christusweg ist ein Weg des Lichtes im Dunkel: Der Weg beginnt draußen in der Krippe, er führt hin zu den kleinen Menschen, zu den Schwachen, Armen und Kranken. Er endet im Dunkel des Kreuzes. Und dennoch ist dieser Weg der Weg des Lichtes in der Welt und für die Welt.

Als ich klein war hat die Weihnachtsgeschichte mich verzaubert. Ich habe tief drinnen gespürt, das Gott auch und gerade zu den Kleinen kommt und für sie sorgt. Dass er mir nahe ist.

Die Geborgenheit der Kindertage ist irgendwann vorbei und man merkt: das Leben ist nicht so einfach. Und die Welt, in die man hineingeboren ist, ist manchmal einfach nur erschreckend. Die behütete Sorglosigkeit weicht Alltag und Erfahrung.

Aber auch heute, als Erwachsene, höre ich die Weihnachtsgeschichte. Ich höre von den Hirten auf den Feldern von Bethlehem. Ich höre von dem Engel, der ihnen und allem Volk große Freude verheißt. Ich höre sie und höre sie doch anders als damals, aber die Sehnsucht nach Frieden auf Erden und in meinem eigenen Leben, die Sehnsucht nach Gott, der mir ganz nah ist, die rührt mich an, die spüre ich tief in meinem Herzen. Auf eine ganz eigentümliche Weise wird mein Leben Teil der Weihnachtsgeschichte.

Ich feiere auch in diesem Jahr Weihnachten – trotz allem. Trotz der Sorgen, trotz dem Unfrieden, trotz einer Pandemie, die unser aller Leben auf den Kopf stellt. Denn für mich ist Weihnachten ein Hoffnungsfest:

Hoffnung zu haben, dass uns Gott aus der Traurigkeit herausführt; Hoffnung zu haben, dass er für uns und seine Kinder auf der ganzen Welt sorgt; und Hoffnung zu haben, dass wir eine friedliche Zukunft vor uns haben und all der Schrecken bald nur noch eine ferne Erinnerung sein wird.

Ja das sagt die Weihnachtsgeschichte für mich. Aus der Ungewissheit, was wird, aus dem Dunkel kommt ein Licht.

Weihnachten dieses Jahr ist wieder Ausnahmezustand, anders als wir es uns gewünscht haben. Aber Jesus Christus kommt zu uns und seine Geschichte zeigt uns, dass wir, egal wie dunkel die Welt um uns ist, nie die Hoffnung aufgeben dürfen, niemals unsere Wünsche begraben. Er kommt zu uns und wenn auch alle Gewissheit in dieser Pandemie ins Wanken gerät, eins bleibt und verändert sich nie: es wird Weihnachten werden. Gott kommt zu uns, er ist an unserer Seite, wenn wir in Quarantäne sind, auf den Coronastationen, bei den Kranken und Verzweifelten, bei den Ausgegrenzten, bei denen, die alles geben, um anderen zu helfen, bei denen die langsam resignieren und bei den Verzweifelten. Gott kommt ganz klein ins Dunkel unserer Welt und ist uns dabei ganz nahe.

Und so wünsche ich Ihnen „Frohe Weihnachten“, trotz all dem Unfrieden in dieser Welt, trotz der Pandemie, oder gerade deshalb. Denn Weihnachten, das Fest der Liebe kann heute, hier und jetzt unsere Antwort auf all die Schrecken dieser Welt sein. Weihnachten ist das Fest der Hoffnung und zeigt uns, dass Wünschen nie vergeblich ist.

Und der Friede Gottes der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

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