Pfr. Sauer: Andacht für die Woche vom Sonntag Okuli 2020 (Text)
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Liebe Leserin, lieber Leser,
verschiedenste Personen oder Personengruppen haben Jesus auf seinem Leidensweg begleitet oder sind ihm begegnet. Woche für Woche sind uns schon im letzten Jahr und auch in diesem solche Wegbegleiter Jesu in den Passionsandachten begegnet.
Für diese Woche sind es Frauen. Jesus wurde verhört, hat sich zu seiner Hinrichtungsstätte geschleppt und wird gekreuzigt. Er ringt mit dem Tod, er wird von denen, die vorbeilaufen verspottet und stirbt.
Und dann heißt es in Matthäus 27, 55: „Und es waren viele Frauen da, die von ferne zusahen; die waren Jesus aus Galiläa nachgefolgt und hatten ihm gedient; unter ihnen war Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus und Josef, und die Mutter der Söhne des Zebedäus.“ und in Johannes 19,25 heißt es: „Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria Magdalena.“
Liebe Leserin, lieber Leser, in seinen letzten Stunden gibt es nur noch wenige, die bei Jesus sind. Die Evangelien berichten zwar von unterschiedlichen Orten, an denen sich die befunden haben, die noch bei ihm waren – von ferne zugesehen oder unter dem Kreuz stehend –, aber einig sind sich die Evangelisten darin: Immer waren es Frauen! Vom vermeintlich „starken Geschlecht“ ist nichts zu sehen.
Diese Frauen sind ihm, wie es Matthäus berichtet, „nachgefolgt“ und hatten ihm „gedient“. Die treuesten, die, die bei ihm bleiben bis zum Schluss, sind bekannte aber auch unbekannte Frauen, die Jesus gefolgt waren.
Da stehen sie also, die Frauen. Nur, ausrichten können sie nichts. Ohnmächtig stehen sie da und sehen, was geschieht.
Eine Mutter, die nichts für ihr Kind mehr tun kann.
Eine Freundin, die ihrem Freund nicht einmal einen Schluck zu trinken geben kann.
Eine Verwandte, die hilflos mit ansehen muss, wie ihr Neffe in den sicheren Tod geht.
Ohnmacht. Ich denke, im Moment ist das ein Gefühl, das wir alle nur zu gut kennen. Ein Virus nimmt ganz Länder in Haft. Und trotz aller Maßnahmen, die getroffen wurden und werden wird man dieses Gefühl der Ohnmacht irgendwie nicht los. Ohnmächtig das kennen wir auch. Nichts tun können. Einem anderen nicht helfen können. Und dabei selber innerlich verzweifeln…
Etwas tun zu können gibt uns, das ist meine Erfahrung, immer ein ganz gutes Gefühl. Jemandem konkret helfen; jemanden bei einer ganz bestimmten Sache unterstützen usw. Das sind Dinge, bei denen wir das gute Gefühl haben: Jawohl, jetzt helfe ich ihm oder ihr. Er oder sie hat was davon. Nichts tun zu können, Ohnmacht, ist dagegen oft ein ganz schwer auszuhaltendes Gefühl. Das geht so weit, dass man den Eindruck hat, versagt zu haben.
Haben die Frauen am Kreuz Jesu also auch versagt?
Ich denke ganz im Gegenteil. Auch wenn sie nichts Konkretes tun können, so tun sie doch etwas ganz Wertvolles. Sie sind nämlich da für Jesus. Einige ganz nah. Andere aus der Distanz, vielleicht auf Sichtweite.
Und genau da beginnt Seelsorge. Mit dem Dasein für andere. In schwierigen Situationen, in Lebenskrisen, am Krankenbett, am Sterbebett und gerade auch in der jetzigen Situation, die von Corona bestimmt ist! Auch wenn wir den persönlichen Kontakt mit Recht meiden sollen, so gibt es doch andere Möglichkeiten, wie wir nun mit anderen in Kontakt treten und für sie da sein können. Das Telefon aber auch die sozialen Medien bieten gute Möglichkeiten. So können wir fragen, ob Hilfe benötigt wird und unsere anbieten oder versuchen Hilfe zu organisieren.
Werden wir kreativ und versuchen wir in guter und vielleicht ganz neuer Weise für andere da zu sein. Die Jüngerinnen Jesu könnten uns dafür Vorbild sein!
Amen.
Gebet
Herr, unser Gott, danke, du weißt, dass es für viele Menschen im Moment schwierig ist. Manche bangen um ihren Arbeitsplatz oder haben ihn schon verloren. Andere fürchten um ihre Angehörigen. Wieder andere sorgen sich vor dem, was noch kommt.
Wir bitten dich steh denen bei, die vor Sorgen nicht mehr schlafen können. Steh denen bei, die die Zukunft nur mehr schwarz sehen. Stärke, die deine Hilfe brauchen.
Herr, unser Gott, stärke uns, damit wir in der Liebe zu unseren Nächsten nicht nachlassen. Lass uns Zuversicht und Hoffnung bei dir suchen, im Gebet und im stille werden vor dir.
Wir denken aber auch an die Menschen, die weit Schlimmeres zu überstehen haben. An die Menschen im Norden Syriens, in Flüchtlingslagern weltweit. Steh auch ihnen bei und hilf, dass auch ihnen geholfen wird.
Herr, unser Gott, wir bitten dich: Mach uns stark im Glauben, phantasievoll in der Liebe und zuversichtlich in der Hoffnung, die uns schenkst.
Amen.