Prädikantin Burkhardt: Predigt zum Heilig Abend 2022 – Lukas 2, 1 -14/20

Heiliger Abend Immenreuth 24.12.2022

Predigt zu Lk 2, 1-14/20

Liebe Schwestern und Brüder!

Sie alle haben sich aufgemacht, um die Weihnachtsbotschaft zu hören. Wer sich aufmacht, der wird offen. Das behaupte ich jetzt einfach mal. Denn darum geht es auch in der Weihnachtsgeschichte, die wir eben wieder gehört  haben. Diese altbekannten und lieb gewordenen Verse aus dem Lukasevangelium. Denn da haben sich einige aufgemacht, damals als das Gebot von Kaiser Augustus ausging…

 

1. Da machte sich auch auf Josef aus Galiläa

Er gilt ja eher als Randfigur. Aber ich frage mich: Wie mag es in ihm aussehen, als er aus seinem vertrauten Zuhause in Nazareth aufbrechen muss in das weit entfernte fremde  Bethlehem? So vieles hat sich verändert in seinem Leben. Er hat eine Frau gefunden. Aber das Kind, das sie erwartet, ist nicht seins. Sie hat ihm eine wir würden es heute Kuckuckskind untergeschoben! Nach geltendem Recht könnte er sogar ihrer Steinigung verlangen wegen Ehebruchs! Wie oft schon hat er erwogen, sie zu verlassen, hat es doch nicht getan und sich für sie entschieden. Denn eine innere Stimme flüsterte ihm zu, er müsse zu ihr stehen. Fragt ihn je einmal einer, ob ihm diese Entscheidung leicht gefallen ist? Kennt einer seine heftigen, zornigen Gefühle in ihm: Auf Maria, sich selbst und das Kind, das sich einfach in ihr Leben gedrängt hat? Und all das reicht noch nicht: Jetzt muss er auch noch fort aus der Heimat, ohne zu wissen, was ihn in Bethlehem erwartet. Es geht ihm gerade so, wie vielen Menschen in unserer Zeit. Voller Unruhe, voller Sorge, was ihm begegnen wird, angewiesen sein auf die Freundlichkeit anderer. Alles muss er daheim zurücklassen, weil ist unbedeutend war und den Befehlen von Oben ausgeliefert ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass er mit seinem Leben hadert, der Josef.

 

2….mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger…

Auch Maria macht sich auf, fort aus der vertrauten Umgebung. Sie ist angewiesen darauf, dass Josef an ihrer Seite bleibt. Sie hat wohl Angst. Er könnte sie, die Schwangere, ja doch am Ende noch verlassen. Muss sie ihr Kind mutterseelenallein, verachtet, irgendwo zur Welt bringen? Als Maria aufbricht, kann sie das nur mit viel blindem Vertrauen: Vertrauen, dass da einer ist, der es gut mit ihr meint, und Vertrauen, dass der andere da ist, der an ihrer Seite bleibt.

Was werden die beiden, die sich auf den Weg gemacht haben in eine ungewisse Zukunft, miteinander reden?

Wer sich aufmacht, der wird offen. So wird Josef denken: Ja ich bleibe bei ihr und stehe zu dem Kind. Gemeinsam schaffen wir das.

Und Maria mag spüren: Das Kind in mir will leben. Deshalb werde ich die Kraft und das Vertrauen haben, es zur Welt zu bringen und mein Leben mit ihm zu leben.

In jener Nacht, die wir heute die heilige nennen, wird dann das Kind geboren im fremden Bethlehem. Maria und Josef finden zueinander, weil dieses Kind sie auf dem Weg immer mehr miteinander verbunden hat.

Wer sich aufmacht, der wird offen.

 

3. Auch die Hirten haben sich aufgemacht.

Sie lagern bei ihren Herden. Wie jeden Tag gehen sie ihrer Arbeit nach, täglich derselbe Trott, keine Höhepunkte oder große Ereignisse im Leben. Sie erwarten auch nichts mehr vom Leben. Froh sind sie, irgendwie über die Runden zu kommen. Dass sie am Rand der Gesellschaft stehen, das wissen und spüren sie. Die anderen lassen sie es immer wieder spüren.

Und dann das: Sie werden herausgerufen. Sie erleben, wie sich der Himmel für sie öffnet. Sie hören, wie Gott zu ihnen spricht, als seien sie ganz wichtige Menschen. Euch ist heute der Heiland geboren. Eine gewaltige Zusagen an sie, die Unbedeutenden!

Die Sehnsucht der Menschen bekommt eine Gestalt. Von Gott, der seine Liebe ganz direkt auf die Erde schickt. Die, die das Leben gebeutelt hat, die hören es als Erste. Ja, da machen sie sich auf, die Hirten. Eilend. Sie finden das Kind und werden selbst zu Engeln. Denn sie tun dasselbe wie Engel: Sie loben und preisen Gott, dessen Botschaft sie laut und klar gehört haben, die sie jetzt endlich begreifen können. Jeder für sich: Fürchte dich nicht. Dir ist heute der Heiland geboren. Der Gott, der dich heil macht. Der Gott, der da ist für dich mitten in deinem Leben.

 

Ja alle haben sich aufgemacht. Aber einer vor allen anderen: Gott. Das erzählt uns die Weihnachtsgeschichte.

Dazu habe ich erst heute Mittag noch einen kleinen passenden Witz gefunden: (Witz über Gottes Arbeitsplatz 1)
Mäxchen wendet sich an den Vater:
„Du hat gesagt, dass der liebe Gott im Himmel wohnt. Unsere Religionslehrerin hat uns aber heute erzählt, dass der liebe Gott bei uns auf der Erde dauernd große Dinge tut. –
Der Vater sucht, den Sachverhalt zu erklären. –
„Ich glaube, jetzt hab ich’s begriffen“, meint Mäxchen.
„Der Himmel ist seine Wohnung und die Erde ist seine Arbeitsstelle:“

Ja, an Weihnachten hat Gott sich gleichsam aus seiner Wohnung heraus aufgemacht und sich zu seiner Arbeitsstelle bei uns Menschen begeben. Er kommt zu den Menschen, zuerst zu denen, die es am allernötigsten haben, zu denen in Kälte und Einsamkeit, zu denen, die im Alltagstrott stecken, zu denen, die gefangen sind in Resignation, zu denen, die nicht wissen, ob ihre Liebe trägt oder ob sie Genug Kraft haben für das was ihr Leben so unsicher
macht.

Gott macht sich auf, er macht sich ganz und gar offen für uns Menschen. Er wird ganz und gar Liebe – in einem Menschenkind. Ganz nah und zart.

Wer sich aufmacht , wird offen und der empfängt. All, die sich damals aufmachen, erleben das, Sie empfangen etwas, das ihr Leben verändert und bereichert: Sie dürfen gewiss sein, dass Gott das ist. Für mich.

Auch wir können das erleben an Weihnachten, wir, die wir uns aus unseren warmen Häusern aufgemacht haben. Dass wir offen werden und empfangen. Dass wir offen werden für den und die Menschen neben uns, die unsere  Hilfe brauchen.

Dass wir erkennen: Gott hat sich auch zu uns hier und heute aufgemacht. Er kommt auch uns ganz nah. So nah, dass man es fast kaum glauben kann. Ein Gott, der klein wird, der sich aus dem Licht ins Dunkel der Welt aufmacht, ein Gott, der am Ende ganz unten am Kreuz sterben wird.

Auch jene heilige Nacht ist von einem Morgen abgelöst worden. Im Lauf der Welt gibt es immer noch Leid, Schuld, Gewalt, Tod. Und doch ist seit jener Nacht die Welt nicht mehr dieselbe. Denn da hat sich der Himmel für uns geöffnet: „Fürchte dich nicht. Denn dir ist heute der Heiland geboren. Auch für dich geschieht das alles. Auch für dich liegt das Kind in der Krippe. Auch für dich geht es seinen Weg bis ans Kreuz. Auch für dich wird es von Tod auferstehen.

Diese Nacht, liebe Schwestern du Brüder, ist auch unsere heilige Nacht, in der unsere Hoffnung neue Nahrung finden soll.

Darum ist es schön, dass wir uns aufgemacht haben. Denn wer sich aufmacht, der wird offen und empfängt 2.

Amen.

 

Überarbeitet und gehalten am 24.12.2022 von Prädikantin Gertraud Burkhardt in der Kirchengemeinde Wirbenz
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Quellen:
1) Abeln,Reinhard: Selig sind die armen Geistlichen., St. Benno-Verlag, Leipzig, S. 21
2) Vorliegende Predigt entstand in Anlehnung und mit Kürzungen aus:
https://www.predigtrpreis.de/predigtdatenbank/predigt/article/predigt-ueber-lukas-21-14/print.html

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