Dekan Dr. Slenczka: Jona und Corona (Text)

Dekan Dr. Slenczka hat mittlerweile seine neue Stelle als Dekan von Würzburg angetreten. Ich denke, nicht alle von Ihnen haben seinen Abschiedsgottesdienst gesehen – wer es noch nachholen will kann dies im Youtube-Kanal unseres Dekanats oder über folgenden Link: https://www.dekanat-weiden-evangelisch.de/online-andachten-aus-dem-dekanat-weiden.

Für die Passionszeit hatte er ein geistliches Wort verfasst, das ich Ihnen auf diesem Weg gerne zukommen lassen möchte. Ein Appell, der nicht nur für die Passionszeit gilt!

Jona und Corona

Corona wird uns verändern, sagen viele. Da ist es doch besser, wenn wir uns verändern, bevor ein Virus das macht. Denn wenn ich mich selbst ändere, bin ich nicht willenlos einer undurchschaubaren Entwicklung ausgeliefert.

Dazu gibt es eine Geschichte in der Bibel. Der Prophet Jona bekam von Gott den Auftrag, in Ninive gegen die dort herrschenden Verhältnisse zu predigen. Aber er wollte das nicht und versuchte, vor Gott zu fliehen. Auf einem Schiff floh er Richtung Westen. Das Schiff geriet in einen Sturm. Die Seeleute schrien vor Angst – jeder zu seinem Gott. Jona erkennt, dass er vor Gott nicht fliehen kann. Die Ereignisse holen ihn ein. Er begreift, wie unsinnig er war, dass er vor Gott weglaufen wollte. Er lässt sich ins Meer werfen. Der Sturm legt sich. Die Seeleute sind gerettet, Jona dagegen ist dem Tod ausgeliefert.

Die Geschichte findet einen wunderlichen Weg für Jona. Gott schickt einen großen Fisch. Der ver-schluckt den Propheten. Im Bauch des Fisches findet sich Jona wieder, allein mit seinem Gott. Er betet und singt einen Psalm. „Als meine Seele in mir verzagte, gedachte ich an den Herrn.“ Und er begreift: „Die sich an das Nichtige halten, verlassen ihre Gnade.“ Veränderung ist angesagt. Wer vor Gott wegläuft, landet im Nichts. Er wird ein Spielball der Ereignisse, wie Jona ein Spielball der Wellen wurde. Nach drei Tagen und drei Nächten – so lange wie Jesus im Grab sein wird – spuckt der Fisch ihn an Land. Jona ist wieder da.

Aber Jona hat sich geändert. Nun läuft er los, um Gottes Auftrag zu erfüllen. Seine eigene Erfahrung sagt er den Bewohnern von Ninive weiter. Sie leben unbedacht und vergessen Gott. Sie halten sich an das Nichtige und verlassen ihre Gnade. Jona redet ihnen ins Gewissen. Bei ihrem König kommt das an. Er ruft Veränderungen aus. Die Menschen sollen 40 Tage fasten – so lange dauert unsere Passionszeit vor Ostern – und sich auf Gott besinnen. Denn wer kann noch gnädig sein, wenn nicht Gott? Die Menschen von Ninive haben sich verändert. Nun schont Gott ihre Stadt. Sie haben die Veränderung vorweggenommen, ehe sie von Änderungen überrollt werden. Sie rechnen mit Gott – und zwar nicht mit seiner Strafe, sondern mit seiner Gnade. „Die sich an das Nichtige halten, verlassen ihre Gnade.“ Wer Gott sucht, der findet Gnade.

Nur Jona ärgert sich. Seine ganze Predigt scheint umsonst zu sein. Gott tut nicht das, was er angedroht hat. Der Prophet macht Gott Vorwürfe: „Ich wusste es doch von vornherein, dass du gnädig und barmherzig bist, geduldig und von großer Güte; dich reut das Böse, das du vorhattest.“ Das ist eine der stärksten Stellen in der Bibel. Gott ist so gütig, dass der Gerichtsprophet sich ärgert. Gott ist gnädiger als der Mensch. Wir bringen Schimpf und Schande über die, die sich nicht an die Regeln halten, Gott dagegen ist gnädig denen, die ihn suchen. Und dabei hatten die Leute von Ninive sich zuvor an keine Regeln Gottes gehalten.

Die Krise ist längst nicht überwunden. Aber es ist Zeit, Gott zu suchen, der gnädig und barmherzig ist, geduldig und von großer Güte. Gelassenheit besteht nicht darin, die Gefahr nicht ernst zu nehmen. Sondern Gelassenheit besteht darin, sich in der tiefsten Krise auf den gnädigen Gott zu verlassen. Wir haben die drei Tage und drei Nächte vor Augen, die Jesus Christus tot war. So viel lässt Gott sich seine Gnade kosten. Wir leben in den 40 Tagen vor Ostern, um uns von den nichtigen Dingen ab- und der Gnade zuzuwenden. Wenn wir uns so ändern, kann uns die Krise und ihre Folgen nicht vernichten. Denn wir wissen uns in Gottes gnädiger Hand.

Wenrich Slenczka, Dekan (DB Weiden)

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