Pfarrer Sauer: Predigt zum Ostersonntag 2022 – 1. Thes 4, 13f

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus.
Amen

Stille

Predigttext: 1. Thes 4, 13-18

Der Karfreitag vor 2.000 Jahren war für viele Menschen ein furchtbarer Tag des Abschieds. Vom Sohn, vom Vorbild, vom Weggefährten, vom Lehrer und Meister. Nicht nur der Himmel hatte sich am Karfreitag verfinstert, sondern auch die Seelen dieser Menschen. Sie mussten einen lieben Menschen gehen lassen. Mussten zusehen, wie er unter furchtbarsten Umständen zu Tode kam.

Viele Menschen in der Ukraine mussten und müssen das aktuell auch erleben. Ihre Lieben – exekutiert wie in Butscha und an anderen Orten; von Bomben zerfetzt wie in Kramatorsk; auf der Flucht oder an der Front zu Tode gekommen. Ich will niemandem die Osterfreude nehmen. Aber ich glaube, wir kommen an diesem Osterfest nicht um diese furchtbaren Eindrücke aus der Ukraine herum. Und deswegen will ich auch nicht erzählen, sondern wir hören die Eindrücke eines Bruders im Glauben.

Pawlo Schwarz, evang.-luth. Bischof aus Charkiw, berichtet in einem Interview mit der ZEIT:
„In meiner Stadt […] war es vom ersten Tag des Krieges lebensgefährlich. Es gab nicht nur Raketenangriffe auf militärische Ziele, sondern auch Schüsse auf die zivile Infrastruktur und auf Zivilisten. Die Gewalt traf uns wirklich wie ein Schock. Unser Leben änderte sich radikal – innerhalt von nur drei, vier Tagen. Seither verbringen wir die Nächte unter der Erde: in Kellern und U-Bahn-Schächten.Ob ich Angst habe, das ist schwer zu sagen. Es wechselt. Ich bin mir bewusst, dass ich, wenn ich einschlafe, vielleicht nicht mehr aufwache. Dass ich irgendwohin gehe und vielleicht nicht mehr zurückkomme.“
(Quelle: ZEIT, Nr. 15, 2022)

Der Tod ist für die Menschen in der Ukraine zum ständigen Begleiter geworden.
Wir sehen und hören all das unsägliche Leid nur aus der Ferne. Gott sei Dank!

Und trotzdem holt auch uns der Tod immer wieder ein. Ein lieber Mensch, der stirbt und uns genommen wird; eine plötzliche Krankheit, die nicht nur unsere Zukunftspläne, sondern unser Leben an sich infrage stellt usw.

Und dann kommen all diese großen Fragen. „Was ist nach dem Tod? Kommt da noch was?“ So haben schon die ersten Christen in Thessaloniki gefragt. Und denen antwortet Paulus in einem 1. Thessalonicherbrief:
„Wir wollen euch aber, liebe Brüder und Schwestern, nicht im Ungewissen lassen über die, die da schlafen, damit ihr nicht traurig seid wie die anderen, die keine Hoffnung haben.“ Paulus nimmt die Thessalonicher ernst in ihrer Sorge. Und er weiß: Die Sicherheit des Todes und die damit verbundene Ungewissheit kann zu abgrundtiefer Hoffnungslosigkeit führen!

Ein Jugendfreund von mir hat es so ausgedrückt. Er hat gesagt: „Wenn ich sterb, dann fressen mich die Würmer. Ende. Aus. Vorbei.“ Für mich ist das eine Form der Hoffnungslosigkeit. Aber als Christen gehören wir nicht zu denen, die keine Hoffnung haben.

Daran erinnert Paulus die Thessalonicher und auch uns. „Wenn wir glauben“, sagt er, „dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die da entschlafen sind, durch Jesus mit sich führen.“

Es blieb nicht beim Karfreitag! Am Ostermorgen hat Gott das Kapitel der neuen Schöpfung aufgeschlagen. „Die Sonne geht auf: Christ ist erstanden!“, so werden wir dann hoffentlich von Herzen singen. „Die Nacht ist vorbei: Christ ist erstanden! Vergessen sind Ängste, Not, Kummer und Schmerzen, wir atmen frei und singen von Herzen…!“ Das meint Ostern: Unser Ängste, unsere Ungewissheit mit Blick auf den Tod haben ein Ende! Und, so denke ich, wenn wir unseren Geschwistern im Glauben in der Ukraine und in anderen Kriegsgebieten – und allen anderen Menschen auch – eines wünschen, dann, dass sie wenigstens für ein paar Stunden an diesem Osterfest ihre Ängste und ihren Kummer vergessen können.

Ja, der Tod ist nach wie vor schmerzhaft – und mit Blick auf die vielen Opfer in der Ukraine auch sinnlos. Völlig sinnlos. Und trotzdem: Ostern heißt: Die Nacht ist vorbei. Die Sonne geht auf. Der Tod ist tot! Denn Christ ist erstanden. ER hat den Tod besiegt!

Nur – und das müssen wir als Christen ehrlicherweise sagen – es ist das eine das zu sagen, mit Worten zu beschreiben. Etwas ganz anderes ist es, von diesem Sieg von Ostern, von dieser Hoffnung auf ein Leben danach eine Ahnung zu bekommen. Das ist schwer, weil uns eine Zukunft nach dem Tod einfach nicht zugänglich ist. Sie entzieht sich dem, was wir uns vorstellen können. Was aber dabei hilft sind Bilder und Gleichnisse. Jesus selber hat sie immer wieder benutzt, um deutlich zu machen, was er sagen will. Diese Bilder und Gleichnisse können uns helfen, eine Ahnung von dieser göttlichen Zukunft zu bekommen. Deswegen jetzt so ein Gleichnis für das, was Auferstehung bedeutet.

„Der berühmte Filmproduzent Cecil B. de Mille liebte es, sich in die Einsamkeit zurückzuziehen, wenn er ein Problem zu überdenken hatte. Eines Tages fuhr er in seinem Boot auf einen See … hinaus und ließ sich ziellos dahintreiben, während er sein Problem überdachte. Das Boot trieb an Land und legte an einer Stelle an, wo das Wasser nur wenige Zentimeter tief war. De Mille schaute hinab und sah, dass der Grund mit Wasserkäfern übersät war. Einer von ihnen kam an die Oberfläche und kroch langsam an der Seitenwand des Bootes hoch. Als er den Bootsrand erreicht hatte, starb er. De Milles Gedanken kehrten zu seinem Problem zurück. Nach einer Weile blickte er zufällig wieder auf den Käfer. In der heißen Sonne war sein Panzer brüchig geworden. Plötzlich sprang der Panzer auf, und langsam kam eine Libelle zum Vorschein. Sie erhob sich in die Luft, und ihre Farben funkelten im Sommerlicht. Diese beflügelte Kreatur flog in einem Augenblick weiter, als der Käfer in Tagen hätte kriechen können. Die Libelle wandte sich wieder der Wasseroberfläche zu; de Mille sah ihren Schatten auf dem Wasser. Sehr wahrscheinlich sahen die Wasserkäfer in der Tiefe die Libelle auch, aber jetzt lebte ihr einstiger Gefährte in einer Welt, die ihr Begriffsvermögen überstieg. Sie lebten immer noch ihre bescheidene Existenz, während ihre beflügelte Verwandte alle Freiheit zwischen Himmel und Erde genoss. Später, als de Mille sein Erlebnis erzählte, schloss er mit der eindringlichen Frage: „Wird der Schöpfer des Universums das, was er für einen Wasserkäfer tut, für einen Menschen nicht tun?“

Doch, er wird! Darauf dürfen wir vertrauen, wenn wir unser Leben auf IHN bauen und unsere Zukunft auf IHN gründen.

„Die Sonne geht auf: Christ ist erstanden!“ Jesus lebt und deswegen können wir schon jetzt anders leben. Nämlich mit der Gewissheit, dass es uns und denen, die sich zu ihm halten, so ergehen wird wie ihm. Auch wir werden leben! Ostern heißt Leben, neues Leben; Ostern heißt Zukunft ohne Ende. Ohne Schmerzen, Kummer und Sorgen. Eine Zukunft voller Freude. Und deswegen dürfen wir heute auch von Herzen lachen – und vielleicht ist ein kleiner Witz zum Ende dazu ganz hilfreich.

Josef von Arimathea war ein frommer Mann. Er war relativ reich. Er hatte sein eigenes Grab – eine Grabhöhle – schon lange gekauft. Josef, hatte Pilatus um Jesu Leichnam gebeten und ihn dann in seinem Grab zur Ruhe gebracht.
Nach getaner Arbeit kommt er nach Hause. Seine Frau, die schon von seiner Tat gehört hat, fällt über ihn her: “Wie konntest du das nur tun? Wo sollen wir denn nun hinkommen? Wie soll das nur werden?” Da fällt Josef seiner Frau ins Wort und meint: “Ach Frau, mach dir keine Sorgen, es ist doch nur übers Wochenende!”

Amen.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, er bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Herrn.
Amen.

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