Pfarrer Dr. Beyhl: Andacht “Komm” (Text)

(Impuls Landesposaunenrat September 2022)

Text: Matthäus 14, 24-30
24 Das Boot war noch weit draußen auf dem See, da brach ein schwerer Sturm los. Die Jünger konnten kaum noch steuern. 25 In den frühen Morgenstunden kam Jesus auf dem Wasser zu ihnen. 26 Als die Jünger ihn sahen, schrien sie vor Entsetzen, denn sie hielten ihn für ein Gespenst.
27 Aber Jesus sprach sie sofort an: “Habt keine Angst! Ich bin es doch, fürchtet euch nicht!”
28 Da rief Petrus: “Herr, wenn du es wirklich bist, lass mich auf dem Wasser zu dir kommen.”
29 “Komm her!”, antwortete Jesus. Petrus stieg aus dem Boot und ging Jesus auf dem Wasser entgegen. 30 Als Petrus aber die hohen Wellen sah, erschrak er, und im selben Augenblick begann er zu sinken. “Herr, hilf mir!”, schrie er.

Der Mediziner und Kabarettist Eckhart von Hirschhausen meinte in einem seiner Bücher: eigentlich ist das kein Kunststück, eigentlich könne das jeder, übers Wasser gehen. Es sei nur eine Frage der Außentemperatur.

Aber im Ernst: ich glaube dennoch, dass wir noch heute – unabhängig von der Außentemperatur – übers Wasser gehen können. Gehen können, trotz all der vielen Herausforderungen, der Krankheiten, der Traurigkeiten und Ausgrenzungen des Lebens, in denen man manchmal zu ertrinken scheint, weil es einem die Luft zum Atmen nimmt, die Kraft weiter zu gehen, die Lust weiter zu leben.

Wie das funktioniert, haben wir gerade im Evangelium gehört. Drei Dinge sind dabei wichtig.

Das erste ist ein Wort von Jesus.
Jesus sagt „Komm!“ Petrus hört auf dieses Wort und das Wasser trägt ihn.
Wenn Jesus sagt: „Komm!“, dann kann ich kommen, dann kann ich gehen, ob über das Wasser oder über das Land. Dann kann ich zu ihm kommen, wie Petrus.
Dann schweigen die Wenn und Abers meines Alltags, dann kehrt eine Ruhe in mir ein und Dinge werden mir möglich, von denen ich nie dachte, sie schaffen zu können.
Denn der, der mich ruft, wird auch dafür Sorge tragen, dass ich den Weg schaffe, den er mir zumutet. An einer anderen Stelle sagt Jesus: „Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben, ich will euch Kraft geben.“ (Mt 11,28)

Das Zweite ist der Glaube.
Ich muss Jesus vertrauen, dass er wirklich meint, was er sagt und mich nicht täuschen will.
Petrus hat das gewagt, obwohl das Wasser wütete und tobte. Dieser Sprung des Vertrauens fällt heute vielen Menschen schwer. Vielleicht weil sie schon so oft im Leben auf die Schnauze gefallen sind. Vielleicht beginnt deshalb die Hauptausrede des Menschen, etwas zu wagen, mit den Worten: „Ich würde ja gerne, aber…“ Diesem ABER setzt Jesus entgegen: trau Dir etwas zu! Du hast viele unglaubliche Fähigkeiten von Gott bekommen. Trau dir etwas zu – das hat schon etwas von einem antiken Motivationstrainer. Das wollte Jesus ja auch sein. Er wollte die Menschen damals und will dich heute noch motivieren zum Leben. Trau Dir etwas zu, sagt Jesus. Und trau mir etwas zu. Trau mir zu, dass ich stark genug bin, dir zu helfen. Und tatsächlich: die Menschen in der Bibel trauten ihrem Gott etwas zu, machten sich auf, ob nun Abraham, Mose, König David oder Petrus in diesem Evangelium. Und nach anfänglichem Zögern haben sie gemerkt: das taugt, das funktioniert. Über 1200 Seiten der Bibel berichten davon. Milliarden von Christen haben es seitdem erlebt.

Der dritte Faktor heißt: Schau weiter auf Jesus, nicht aufs Wasser.
Nicht auf das, was dir Angst macht, sondern den, der dir aus der Angst hilft.
Solange Petrus zu Jesus sah, konnte er auf dem Wasser gehen. Als er wieder auf Wind und Wellen sah, bekam er Angst und begann zu sinken. Viele meinen ja, unsere christliche Botschaft: das ist doch alles Schnee von Gestern. Religion ist nur dann cool, wenn sie etwas Neues zu bieten hat. Schick und hip daher kommt. Aber in diesem Evangelium ruft Jesus mir zu: gib den Glauben nicht auf, egal, was die anderen sagen oder davon halten. Denn du kannst nur so lange auf dem Wasser gehen, wie du im Kontakt mit Jesus bist. Er lässt dich auf dem Wasser gehen. Er hält dich an der Oberfläche.

Gut, soweit ich weiß, ist kein Mensch mehr wie Petrus auf dem Wasser gegangen. Darum meinen viele, der Text in der Bibel sei nur eine schöne, wahrscheinlich erfundene Geschichte, Petrus sei nur symbolisch übers Wasser gelaufen und nicht wirklich. Ich meine das nicht. Ich meine, Jesus hat Petrus wirklich auf dem Wasser gehen lassen, damit wir ein Beispiel dafür haben, wie wir in ähnlichen Situationen handeln sollen.

Wie Petrus und die anderen Jünger kommen auch wir immer wieder in Notlagen.
Solche Situationen, in denen uns „Wind und Wellen“ entgegenschlagen, die uns dann schwer zu schaffen machen und um uns herum wird es dunkel.
Situationen, in denen wir mit unseren menschlichen Möglichkeiten zu Ende sind.

Wenn es uns so ergeht: dann sollen wir uns an dieses Beispiel erinnern und daran denken, dass Jesus damals seine Leute nicht im Stich gelassen hat. Er ruft uns zu: Komm, zu mir. Bei mir findest du Hilfe. Deswegen ist mir dieses Evangelium so ans Herz gewachsen. Selbst in der ausweglosesten Situation kommt mir Jesus entgegen. Er spricht: „Komm. Fass Mut! Ich bin es, fürchte dich nicht!“

Vertrauen wir diesem Wort, werden auch wir, wie Petrus, über Wasser gehen können – unabhängig von der Außentemperatur – und die Wellen und Wogen unseres Lebens werden uns nichts anhaben können.

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