Pfarrer Sauer: Predigt zu Septuagesimae – Jeremia 9, 22-23

Gnade sei mit euch von dem der da war und der ist und der da kommt. Amen.

Stille

Predigttext Jeremia 9, 22-23

Liebe Gemeinde,

unser Predigttext weist indirekt auf so manches Sprichwort hin, das wir kennen. Und vielleicht gelingt es ja, dass wir uns so aufschließen, was dieses Wort uns sagen will.

Ich glaube, dem ersten Teil unseres Predigtwortes können wir aus vollem Herzen zustimmen. „Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit, ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke, ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums.“ Solche Typen kennen wir ja alle. Ob im echten, analogen Leben oder auf sozialen Medien. Gerade im Netz wird ja geprahlt ohne Ende. Was früher der Prahlhans war ist heute der in vielen Fällen der Youtuber. Und die Algorithmen befeuern das Ganze ja. Man bekommt eben mehr Likes, Follower usw., wenn man zeigt, was man kann oder hat. Das Sprichwort, das dazu passt lautet: „Eigenlob stinkt!“

Wobei: manchmal ist es ja wichtig, dass man „sein Licht nicht unter den Scheffel stellt“. Ein biblisches Sprichwort übrigens. Es gibt schon Situationen, in denen wir zeigen, was wir können. Wer im Vorstellungsgespräch nicht entsprechend auftritt und in guter Weise für sich wirbt, der wird vielleicht nicht genommen. Es gibt schon Situationen, in denen wir uns vielleicht nicht gleich rühmen und anpreisen sollten, aber stolz sein dürfen, auf das, was wir erreicht oder geleistet haben.

Wobei auch da gilt: Vieles ist uns geschenkt worden. Nicht alles, was wir erreicht haben, haben wir allein uns zuzuschreiben. Das eigene Können und das selbst Erreichte sollen wir nicht „unter den Scheffel stellen“. Aber es bleibt dabei: „Eigenlob stinkt“.

Und dabei ist auch Vorsicht geboten, denn bekanntlich kommt „Hochmut vor dem Fall“. Wer hoch stapelt fällt im Zweifel tief. Also: Am besten lassen.

Jeremia, bzw. Gott selbst, will aber mit dem ersten Teil unseres Predigtwortes nicht nur sagen, was Kluge Menschen nicht tun sollten. Er legt den Finger bewusst auf eine wunde Stelle. Er fragt uns indirekt ja auch: „Worauf vertraust Du eigentlich im Leben? Worauf baust Du Deine Zukunft? Mit was rechnest Du? Und mit wem?“

Ich lade dazu ein, dass wir uns für diese ernste Anfrage mal kurz Zeit nehmen und sie ehrlich beantworten.

Stille

Nein, unser „Licht sollen wir nicht unter den Scheffel stellen“. Aber „Eigenlob stinkt!“ Und „Hochmut kommt vor dem Fall“. Und letzteres will Gott vermeiden. Er will nicht, dass wir fallen! Deswegen geht unser Predigtwort weiter. Und es animiert zum „Sich-rühmen“. Nur eben jetzt in richtiger Weise!

Es gilt, um ein weiteres Sprichwort zu bemühen: „Ehre, wem Ehre gebührt.“
Aber wem gebührt sie?

Unser Predigtwort sagt es so: „So spricht der Herr: Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit, ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke, ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums. 23Sondern wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, dass er klug sei und mich kenne, dass ich der Herr bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden; denn solches gefällt mir, spricht der Herr.“

Vielleicht hilft der Gedanke, den ich vorhin schon angedeutet habe. Nicht alles, worauf wir stolz sein können, haben wir auch ausschließlich uns zuzuschreiben. Ein erfolgreicher Sportler z.B. kann und muss zwar hart trainieren. Aber wenn er/sie die physiologischen Voraussetzungen nicht hat, dann wird er/sie auch mit viel Training nicht in der Weltspitze mitmischen. Wenn er/sie das aber hat, dann ist es ein Geschenk.

Und so können wir das weiterdenken. Dass man im Beruf gut und vielleicht erfolgreich ist beruht auf Voraussetzungen wie Gesundheit und auch eine gewisse Begabung. Beides ist ein Geschenk, das man empfangen hat. Und so haben wir vieles empfangen.

Ich lade dazu ein, dass wir uns das mal für unser Leben vor Augen führen. Wo bin ich beschenkt worden und wo werde ich beschenkt, sodass ich gut leben kann? Führen wir uns das in der Stille vor Augen.

Stille

Ob Gesundheit, Kinder, gute Freunde, wir leben von Voraussetzungen, die wir selbst oft genug nicht zu verantworten haben. Sie wurden und werden uns geschenkt. Deswegen leben wir. Oft auch gut und sehr gut.
Vielleicht merken Sie, in welche Richtung uns unser Predigtwort drängt?

Es ist die Richtung: Weg-von-Uns.

Es ist die Richtung weg von mir und meinen vermeintlichen Ruhmestaten. Es ist der Blick, den ich getrost von mir wegrichten kann. Und dafür einen anderen in den Blick nehmen kann und darf. „…wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, dass er klug sei und mich kenne, dass ich der Herr bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden; denn solches gefällt mir, spricht der Herr.“

Wir glauben an einen Gott, der sich durch Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit auszeichnet. Veranschaulicht wurde uns das vorhin im Evangelium. Der Weinbergbesitzer vergütet eben nicht nach Leistung oder gar Ruhmestaten, den sich seine Arbeiter vielleicht erworben haben. Sondern er gibt allen denselben Lohn. Er will, dass alle von ihrer Hände Arbeit leben können. Und er holt diejenigen, die den vermeintlichen Schluss der Gesellschaft bilden nach oben, in dem er sagt: „Ich will aber diesem Letzten dasselbe geben wie dir“, sagt Gott.

Und genau das ist der Punkt, liebe Gemeinde. Wenn wir es schaffen, unseren Blick ein bisschen von uns weg zu bekommen, (von unseren Bedürfnissen, Wünschen und Eitelkeiten) und unseren Blick auf Gott richten, dann werden wir feststellen: Wir müssen und können uns eigentlich gar nicht rühmen. Für Gott zählt das eh nicht. Denn wir sind doch schon anerkannt! Er zollt uns ja Ehre. „Du hast zu deinem Kind und Erben mein lieber Vater mich ernannt“, so singen wir es gleich.

Er nennt uns seine Kinder, liebe Gemeinde. Ja sogar Erben sind wir! Mehr geht nicht. Und deswegen können wir getrost von uns wegschauen und auf ihn schauen. Auf den, dem alle Ehre gebührt, weil er uns leben lässt, weil er uns Voraussetzungen schafft, die uns Leben ermöglichen und weil er uns durch seinen Sohn zu Söhnen und Töchtern gemacht hat.

Deswegen: „Ehre, wem Ehre gebührt!“ Und sie gebührt allein dem da oben, Gott.

Amen.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere Vernunft, bewahre uns in Christus Jesus. Amen.

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