Pfarrer Schertel: Predigt zum Volkstrauertag, dem 16. November 2025 (Text)

Hiob 14/1-20 (I. PR neu)

Liebe Gemeinde!

Novemberstimmung ist etwas Besonderes. Manchmal scheint fahl die Sonne. Aber oft ist es neblig und trüb. Kalte Winde treiben die Blätter vor sich her und es wird schon früh dunkel. Aber der November ist auch der Monat schwieriger Gedenktage. Im November 1918 endete der erste Weltkrieg, im November war die Reichskristallnacht und wir gehen gleich zur Volkstrauertagsfeier an den Kriegerdenkmälern. Etwas aus dem Rahmen fällt die Grenzöffnung zur DDR.

Und auch der heutige Predigttext macht uns nicht froh. Hiob hat viel zu klagen. Er merkt, dass das Gute nicht ewig dauert. Jeder Mensch ist wie eine Blume, die heute blüht und morgen schon umgesichelt wird. Wir alle sind bloß flüchtige Schatten.

Sein bisheriges Leben war anders. Prall und schön, wie die Obstbäume im Herbst. Reich war er, hatte eine tolle Familie und war gesund. Doch dann traf ihn ein Schlag nach dem anderen. Die Söhne starben, die Herden wurden geraubt uns schließlich wurde er schwer krank. Lange hat er das ertragen: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen der Name des Herrn sei gelobt.“ Ein tiefes Gottvertrauen. Doch schließlich wurde ihm alles zu viel. In Gott sieht er nur noch ene grausame, harte Gestalt. Hiob betet: „Gott, schau nicht mehr auf mich. Lass mich einfach nur in Ruhe, damit ich die wenigen Tage , die du mir lässt, einfach genießen kann. Genauso, wire der Arbeiter seinen Feierabend.

Viele von uns haben auch solche Phasen im Leben. Wenn alles zu viel wird. Dann denken wir auch an den Tod. Im Sarg ist Ruhe. So dieht das der Hiob. Aber stimmt das auch? Ist Gott so fern und grausam? Ich zumindest war noch nicht so weit unten. Und die Veränderungen, die das Alter mir bringt, kann ich ganz gut tragen: Man muss nicht mehr alles hören. Bei kleiner Schrift brauche ich eine Lupe. Und die Meterknüpfel werden jetzt halt einzeln getragen. Ich will noch eine Reihe von Jahren die Särge nur von außen sehen.

Aber über den eigenen Tod mal nachzudenken, ist auch nicht verkehrt. Ganz praktisch: Habe ich mein Haus bestellt? Ein Testament schadet nie. Und lebe ich mit Familie, Nachbarn und Kollegen in Frieden? Oder muss ich noch irgendwas bereinigen? Denn die alte Weisheit stimmt ja. Mitten im leben sind wir vom Tod umfangen. Wir haben keine Ahnung, wieviele Jahre, Tage und Stunden uns Gott noch zumisst. Hiob hat über all das nachgedacht und kann nicht mehr an die Güte Gottes glauben. Der Herr ist so hart, weil wir Menschen Sünder sind. Auch dann, wenn wir uns keiner konkreten Vergehen bewusst sind. Sein Urteil trifft uns schon auf der Erde.

Aber seit den Tagen Hiobs ist etwas geschehen, das diese Denkweise nicht mehr zulässt. Denn einer von uns Menschen war wirklich ohne Sünde und ist für uns gestorben. Jesus Christus. Allen die an ihn glauben; verzeiht er die Schuld. Anselm von Canterbury, ein großer Theologe des 13. Jahrhunderts, hat das mit diesem Bild beschrieben: Gott sitzt am Jüngsten Tag zu Gericht. Alles, was wir getan und unterlassen haben, wird vorgelesen. Und dann das Urteil: Tod! In diesem Moment steht Jesus auf und sagt: „Der, oder die haben an mich geglaubt. Ich nehme ihre Schuld auf mich und trage sie hinauf ans Kreuz. Dann ist sie bezahlt!“ Gott ist also nicht unbarmherzig. Sondern er reißt die heraus, die auf ihn vertrauen. Und im übrigen hat er uns lieb, hilft und trägt uns. Drchs ganze Leben hindurch bis in sein Reich.

Amen

Das könnte dich auch interessieren …